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Das häufigste Tier auf der Erde - das sind die Nematoden. Die mikroskopisch kleinen Fadenwürmer kommen in so gut wie jedem Ökosystem vor, Schätzungen zufolge könnten es weltweit bis zu einer Trilliarde Würmer sein, die sich in Böden, Sedimenten und im Meer tummeln. Auch in Laboren auf aller Welt gibt es sie in großer Zahl, das gilt insbesondere für die Art Caenorhabditis elegans, einer der wichtigsten Modellorganismen, wenn es um Genetik und Entwicklungsbiologie geht.
Erstmals auf VideoDoch Fadenwürmer geben auch verhaltensbiologisch einiges her. Das zeigt eine aktuelle Studie im Fachblatt "Current Biology", in der Forscherinnen des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz nachweisen: Die winzigen Würmer stapeln mitunter ihre Körper und bilden auf diese Weise einen Superwurm. Anekdotische Berichte über dieses seltsame Verhalten gab es schon länger, auch sie hatte davon immer wieder gehört, sagt Studienleiterin Serena Ding.
Aber vom Hörensagen gilt natürlich nicht in der Wissenschaft. Also machte sich die Verhaltensbiologin auf die Suche - und wurde fündig. Zunächst im Labor, später auch im Freiland. In einem Obstgarten gleich neben dem Uni-Campus filmte ihr Kollege Ryan Greenway die Tiere, wie sie sich aufeinanderstapeln, quasi eine Wurm-Variante der Räuberleiter. Womit bewiesen war: Sie machen das nicht nur im Labor, sondern auch in ihrem natürlichen Habitat. Nur: warum bzw. wozu eigentlich?
Würmer machen die "Räuberleiter"Würmer stapeln ihre Körper zu lebenden Türmen.
Um das herauszufinden, drehte das Team an allen Variablen, Alter und Entwicklungsstadium, Futter und Lebensraum, selbst fluoreszierende Würmer kamen zum Einsatz, um die Bewegungen im Wurmturm sichtbar zu machen, erzählt Studienautorin Daniela Perez.
Per Anhalter in neue LebensräumeErgebnis: Der Turm entsteht immer dann, "wenn die Population zu groß wird oder die Nahrung knapp ist", so Perez. Bleibt noch das Wozu zu beantworten. Die Türme haften sich offenbar an zufällig vorbeikommende Tiere an und geben den winzigen Würmern somit die Möglichkeit, in einen anderen Lebensraum zu wechseln, per Anhalter sozusagen.
Im Labor gefilmt wurde etwa, wie sich die Würmer an eine Fruchtfliege anhängen. Auch im Inneren von Schnecken reisen die Fadenwürmer immer wieder, sagt Serena Ding. "Das ist zwar langsam - aber immerhin sicher." Wobei: Im Vergleich zu einem Fadenwurm ist vielleicht selbst eine Schnecke schnell. Wie dem auch sei, laut Studie verhalten sich die Würmer, wenn sie einmal aufeinandergestapelt sind, wie Superorganismen, im Kollektiv spüren sie Vibrationen und reagieren auf Berührung. Einen äußeren Taktgeber oder ein leistungsfähiges Gehirn benötigen sie dafür nicht. Der Prozess beruht wohl auf ganz einfachen Verhaltensregeln, die selbstorganisiertes Verhalten erzeugen, vermuten Perez und Ding.
Ein Argument mehr für die Hypothese, dass das Verhalten für die Verbreitung entwickelt wurde, da sind sich die beiden Forscherinnen einig. Uneinig sind sie allenfalls bei ihrem persönlichen Zugang. Serena Ding kann eine gewisse emotionale Bindung zu den Untersuchungsobjekten nicht abstreiten und bezeichnet sich als "hingebungsvolle Wurmperson". Da ist Daniela Perez" Zugang etwas nüchterner. Sie sagt im ORF-Interview: "Als Labortiere sind sie sehr praktisch. Aber süß finde ich sie überhaupt nicht. Es sind … Würmer."
Dieser Artikel stammt von ORF und nicht von Retrospace. Für den Inhalt ist ORF verantwortlich.
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