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Seit Mitte Mai leben auf dem Gelände des BFW in der Nähe von Schloss Schönbrunn mehr als eine Million Honigbienen der Unterart Carnica. Die Bienenart zählt zu den sanftmütigsten und gleichzeitig produktivsten in ganz Österreich und ist daher in einigen Bundesländern der alleinige Honigproduzent in der Imkerei.
Die Carnica-Bienen haben aber wie auch viele andere Bienenarten einen kleinen, aber mächtigen Feind, der immer wieder ganze Bienenvölker auslöscht. "Die Varroamilbe ist ein Parasit, also eine Zecke eigentlich, der die Bienenstöcke befällt, sich von den Bienen und ihrem Nachwuchs ernährt und dabei oft auch gefährliche Viren überträgt", erklärte der Bioimker Stefan Mandl gegenüber dem ORF. Immer wieder komme es durch die Parasiten zu großen Verlusten. "Im letzten Winter war es so, dass in Wien und Niederösterreich circa die Hälfte der Bienenvölker wegen der Varroamilbe ausgefallen ist."
Gezielte ZüchtungDas Projekt "SelectBees 2.0" am BFW soll nun die Zukunft der österreichischen Honigbienen sichern. Unterstützt wird das Vorhaben von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Durch gezieltes Züchten soll die natürliche Widerstandskraft der Bienen gegen die invasiven Milben gestärkt werden.
(Bild) Zuchtkästen für Honigbienen am BFW
ORF Auf dem Gelände des BFW in Wien stehen seit Mitte Mai knapp 300 Zuchtkästen für die HonigbienenDas geschieht durch künstliche Besamung, eine in der Tierzucht und Landwirtschaft weit verbreitete Methode. Die Bienenköniginnen werden dabei gezielt mit ausgewählten Drohnen verpaart, damit sie ihrem späteren Nachwuchs bestimmte Verhaltensmerkmale vererben. "Es muss Bienen geben, die wahrscheinlich schon am Geruch erkennen, dass eine Brutzelle von der Varroamilbe befallen ist. Es sind dann wahrscheinlich wieder andere Bienen, die diese Zelle öffnen und ein kleines Loch hineinmachen. Und dann vielleicht wieder andere, die die Brut herausholen und der Milbe so die Nahrungsgrundlage entziehen", erklärte der Projektleiter und Genetiker Berthold Heinze gegenüber dem ORF. Am Ende des Projekts sollten all diese Verhaltensweisen idealerweise in jedem Bienenvolk vereint vorhanden sein.
Mehrere Durchgänge geplantDas Forschungsteam bringt die Bienen am BFW dafür auch absichtlich mit der Varroamilbe in Kontakt - dabei wird überprüft, welche Drohnen die relevanten Verhaltensmerkmale bereits aufweisen, die ihnen im Kampf gegen die Parasiten helfen. Diese Bienen werden ausgewählt und betäubt, um ihnen unter dem Mikroskop den Samen zu entnehmen. Anschließend werden die Königinnen, ebenfalls unter dem Mikroskop, damit befruchtet.
In einem ersten Durchgang ist das am BFW bereits geschehen. Die Forscherinnen und Forscher warten nun darauf, dass der gezüchtete Nachwuchs schlüpft. Im Sommer werden die Bienenvölker dann erneut mit der Varroamilbe in Kontakt gebracht, um zu überprüfen, ob die Züchtung bereits Wirkung zeigt. Die Prozesse werden dann für zwei weitere Jahre wiederholt, um am Ende möglichst viele widerstandsfähige Bienen an die österreichischen Imkerinnen und Imker verteilen zu können.
Umsetzung in der PraxisDas Projekt "SelectBees 2.0" könnte so nicht nur die Zukunft der österreichischen Honigbienen langfristig sichern, auch wirtschaftlich könnten sich die resistenteren Bienen lohnen. "Die wirtschaftlichen Folgen für die Imkerei wären enorm", so Mandl. "Wenn wir weniger Völkerverluste haben, können wir stabilere Honigerträge erwarten. Das bedeutet nicht nur mehr Einkommen für die Imker, sondern auch eine verlässlichere Versorgung mit heimischem Honig für die Konsumentinnen und Konsumenten."
Die Züchtung würde außerdem den Bedarf an chemischen Behandlungen zur Bekämpfung der Varroamilbe senken. Das wäre nicht nur kosteneffizienter, sondern auch umweltfreundlicher, da der Einsatz von Pestiziden deutlich reduziert oder in manchen Gegenden vielleicht sogar gänzlich abgeschafft werden könnte.
Die Kooperation mit Stefan Mandl, der einen der größten Imkereibetriebe Österreichs führt, ermögliche es außerdem, die Zuchtmethoden in großem Maßstab zu testen und die Ergebnisse direkt in die Praxis umzusetzen. "Ein großer Bienenhalter ist notwendig, weil man da unglaublich viele Ressourcen braucht, schon angefangen bei den ganzen Bienen und Zuchtkästen, die für das Projekt zur Verfügung gestellt wurden", erklärte Heinze. Die Partnerschaft stelle zudem sicher, dass die resistenten Bienenköniginnen am Ende des Projekts schnell und effizient an die Imkereibetriebe in ganz Österreich verteilt werden können.
(Bild) Genetiker Berthold Heinze
ORF Der Genetiker Berthold Heinze (links) und der Bioimker Stefan Mandl beim Kontrollieren der Zuchtkästen Für eine bienenfreundliche UmweltUm den Bienen beim Überleben zu helfen, ist aber nicht allein die Wissenschaft gefragt - denn resistente Bienen sind laut Mandl nur dann sinnvoll, wenn sie in ihrer Umgebung auch genug Nahrung finden. "Das Wichtigste, was man tun kann, ist, die Umwelt bienenfreundlich zu gestalten." Im Garten sollte man möglichst viele Pflanzen setzen, die den Bienen als Nahrungsquelle dienen - etwa Obstbäume, Lavendel oder Wildblumen - und auf Pestizide gänzlich verzichten.
Durch solche Maßnahmen könne jeder und jede Einzelne dazu beitragen, den Lebensraum der Honigbienen, aber auch der Wildbienen und vieler anderer Insekten zu verbessern und ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Durch das gemeinsame Engagement von Wissenschaft, Imkerei und der Bevölkerung erhoffen sich Mandl und Heinze, dass in Österreich gesunde Ökosysteme entstehen, in denen die Bienen eine Zukunft haben.
Dieser Artikel stammt von ORF und nicht von Retrospace. Für den Inhalt ist ORF verantwortlich.
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